Die Feuerwehrkapelle Schlangen, vor 90 Jahren gegründet, vor 60 Jahren erneut ins Leben gerufen Reviewed by Klaus-Peter Semler on . Von Heinz Wiemann Wer in die Geschichte Schlangens blickt, wird besonders durch Vereinschroniken von der Liebe eines recht großen Teils der Schlänger zur Musik sfsdfsdfsdf Von Heinz Wiemann Wer in die Geschichte Schlangens blickt, wird besonders durch Vereinschroniken von der Liebe eines recht großen Teils der Schlänger zur Musik Rating: 0

Die Feuerwehrkapelle Schlangen, vor 90 Jahren gegründet, vor 60 Jahren erneut ins Leben gerufen

Von Heinz Wiemann

Wer in die Geschichte Schlangens blickt, wird besonders durch Vereinschroniken von der Liebe eines recht großen Teils der Schlänger zur Musik Kenntnis erhalten. Es wird ihn nicht wundern, dass zur Chronik der Freiwilligen Feuerwehr auch die Geschichte einer Feuerwehrkapelle gehört.
Vor 90 Jahren, am 14. Februar 1926, beginnt die Geschichte des Musikzuges der Freiwilligen Feuerwehr Schlangen „aktenkundig“ zu werden. Der 1921 gewählte Hauptmann der Wehr, August Tegeler, hatte zur Generalversammlung eingeladen, und 36 Feuerwehrkameraden waren erschienen. Zunächst berichtete der Hauptmann über die ersten drei Jahrzehnte der im Oktober 1895 gegründeten Freiwilligen Feuerwehr Schlangen. Die Ausführungen wurden mit Interesse verfolgt. Unter Punkt III der Tagesordnung war die Gründung einer Feuerwehrkapelle vorgesehen. Nach den Aufzeichnungen des Protokollführers „beschließt die Versammlung die Gründung derselben“. Das Kommando wurde beauftragt, mit Instrumentenfirmen in Verbindung zu treten und einen Finanzierungsplan auszuarbeiten. Schon jetzt stimmte man dafür, einen Teil des zur Anschaffung der Instrumente benötigten Geldes durch zinslose Darlehen der Mitglieder, durch die Mittel der Löschhilfe und durch Strafgebühren aufzubringen. Für unentschuldigtes Fernbleiben von Übungen sollte eine Gebühr zum Besten der Kapelle eingezogen werden. Natürlich wurden auch Spenden von Seiten musikbegeisterter Schlänger einkalkuliert.

Gastwirt rührte Werbetrommel und blies Tuba

Und jetzt war es besonders der 1882 geborene Gastwirt, Kaufmann und Feuerwehrkamerad Wilhelm Koch, der für die Blaskapelle kräftig die Werbetrommel rührte. Wilhelm Koch sen. war ein musikalischer Gastwirt, und sein Sohn Wilhelm, die treibende Kraft der Feuerwehrkapelle, war es nicht minder. Er konnte Klavier, Violine und Bassgeige spielen. Es fiel ihm nicht schwer, sich auch der Tuba zu bemächtigen und sich mit diesem Instrument in die neue Kapelle „einzubringen“. Eine fürs Erste hinreichende Zahl von Instrumenten konnte bereits 1926 beschafft werden. Und im gleichen Jahr gelang es Wilhelm Koch, die folgenden Musikanten um sich zu scharen: Fritz Rebbe (Klarinette), Fritz Strohdeicher (Klarinette), Fritz Benkelberg (Flügelhorn), Fritz Rebbe (Flügelhorn), Fritz Tracht (Flügelhorn), August Vothknecht (Trompete), Adolf Schierenberg (Trompete), Heinrich Voß (Trompete), Wilhelm Neese (Trompete), August Herdehuneke (Althorn), Fritz Runte (Althorn), Gottlieb Biere (Tenorhorn), Adolf Krieger (Tenorhorn), Heinrich Göbel (Posaune), Bernd Kehne (Schlagzeug) und Fritz Lüning (Schlagzeug).

 

Die neugegründete Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr Schlangen auf dem Bauer-kamp. Foto: Sammlung Wiemann, um 1930.

Die neugegründete Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr Schlangen auf dem Bauerkamp. Foto: Sammlung Wiemann, um 1930

Dirigent war der Schwager Adolf Nieweg

Mehr noch: Wilhelm Koch schaffte auch einen ambitionierten Dirigenten herbei. Er hieß Adolf Nieweg, war 1873 in Lage geboren, betrieb dort an der Langen Straße Nr. 127 das Lackierer-Handwerk und eine Musikalienhandlung („Spezialhaus in sämtlichen Musikinstrumenten und Schallplatten“) – und er war Schwager des Schlänger Gastwirts. Adolf Nieweg hatte Elisabeth Koch geheiratet. Jeweils donnerstags kam er per Eisenbahn (bis Detmold) und per Straßenbahn nach Schlangen. Am Abend wurde im Gasthof Koch der Musikalität der Schlänger Blasmusikanten eine Menge abverlangt. Der Dirigent übernachtete im Gasthof und fuhr am nächsten Morgen zurück nach Lage.

 

Kartengruß des (späteren) Dirigenten der Schlänger Feuerwehrkapelle, Adolf Nie-weg, aus dem Ersten Weltkrieg. Die Jarte war an den Schwager Wilhelm (Willy) Koch adressiert. Foto: Sammlung Wiemann, 1916

Kartengruß des (späteren) Dirigenten der Schlänger Feuerwehrkapelle, Adolf Nieweg, aus dem Ersten Weltkrieg. Die Karte war an den Schwager Wilhelm (Willy) Koch adressiert. Foto: Sammlung Wiemann, 1916

Am 13. März 1927 berichtete die Lippische Landes-Zeitung: „Seit vorigem Frühjahr haben wir hier in Schlangen, wie schon seit längeren Jahren in dem benachbarten Lippspringe, eine Kapelle der Feuerwehr. Mögen manche damals, als sie ins Leben gerufen wurde, mit dem Kopf geschüttelt haben, es hat sich jedenfalls gezeigt, dass ernstes Wollen und anhaltendes Üben etwas fertig bringen, mehr, als manche Leute sich träumen lassen. Schon im vergangenen Herbst und Winter, wo die Kapelle sich an die Öffentlichkeit wagte, musste man sich über die Fortschritte wundern, zumal wenn man bedenkt, dass man es mit musikalisch nicht vorgebildeten Kräften zu tun hat. Die Teilnahme der Kapelle kürzlich in Oesterholz und sonst hier im Dorfe zeigte weiter erfreuliche Fortschritte, und so dürfen wir auf noch weitere gute Entwicklung hoffen.“
In den 1928 zu Papier gebrachten Satzungen für die Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr Schlangen heißt es u.a.: „Der Zweck der Kapelle ist der, die Musik zu pflegen, um einen besseren Zusammenhalt der Wehr zu fördern und der Allgemeinheit durch ihr Wirken zu dienen. – Die Pflichten der Mitglieder bestehen darin, dass jedes Mitglied verpflichtet ist, an den regelmäßigen Übungsstunden teilzunehmen und ferner bei jeder gewerbsmäßigen oder pflichtmäßigen Musik mitzuwirken, sei es bei Freund oder Feind.“
Die „weitere gute Entwicklung“ der Kapelle konnte sich sehen und hören lassen. Hans Schwob, langjähriger Dirigent des Musikzuges der Freiwilligen Feuerwehr Schlangen, berichtete im Dezember 1987 im „Gemeindeboten“:
„Ehe man sich versah, waren die ‚Großdeutschen Zeiten‘ angebrochen. Inzwischen hatte Otto Schröder die Stabführung übernommen. In diesen Jahren wurde die Kapelle sehr beansprucht. Es blieb nicht aus, dass die Residenzstadt einige Male den Wunsch äußerte, bei Kundgebungen und sonstigen Veranstaltungen Schlangens musikalische Unterstützung zu bekommen.

 

Wiederbelebung nach dem Zweiten Weltkrieg

Als der Zweite Weltkrieg zu Ende war, musste man eine traurige Bilanz ziehen, denn die meisten Instrumente hatten einen anderen Liebhaber gefunden. Sicher würden uns manche Spuren bis nach Amerika geführt haben! Es stand jedenfalls fest, ein weiteres Musizieren war nicht mehr möglich. Dann hatte jeder mit sich selbst zu tun, es war zunächst eine Zeit der kleinen Gemeinschaften mit Freunden und Bekannten. Diese Anlaufzeit war aber für das Wiedererstehen größerer Gemeinschaften von unschätzbarer Bedeutung. Und ähnlich, wie damals Wilhelm Koch, fand sich wieder jemand, dem die kläglichen Reste an Instrumenten nicht zu wenig erschienen, um doch damit einen erneuten Anfang zu versuchen. Heinrich Göbel aus der Twiete ließ nicht locker, bis sein Plan in die Tat umgesetzt wurde.

 

Der Aufruf wurde am 1. September 1956 im „Gemeindeboten“ veröffentlich.

Der Aufruf wurde am 1. September 1956 im „Gemeindeboten“ veröffentlicht.

 

Im Herbst des Jahres 1956 gingen Feuerwehrmänner von Haus zu Haus, Schlangens Bevölkerung spendete, und wir bemühten uns, mit diesem Geld günstig die noch fehlenden Instrumente zu beschaffen. Aber es fehlte auch an Bläsern. Wir brauchten nicht lange zu warten, bis die Lücken geschlossen waren. In dieser Zeit bekam ich den ersten Kontakt zur Feuerwehr, insbesondere zu ihrem sich wieder regenden Musikzug.“
Hans Schwob, Mitglied einer seit 1947 tätigen Tanzkapelle, nahm den Dirigentenstab und damit auch maßgeblich das Schicksal des Musikzuges in die Hand. Er schreibt weiter:
„In der neuerstandenen Kapelle, die sich ordnungsgemäß Musikzug nennen musste, waren Alt und Jung zu neuen Taten vereint und natürlich auch bereit. Es begann wieder eine emsige Probenarbeit. Die erfahrenen Bläser nahmen sich die ‚musikhungrigen‘ Anfänger vor … So wurde der Klangkörper in die Lage versetzt, am 12. Dezember 1956 den ersten Versuch eines öffentlichen Auftretens zu unternehmen. Wir suchten uns dazu nicht den eigenen Ort, sondern brachten Heinrich und Elisabeth Haase in Lieme ein Ständchen zum Polterabend …

Nach Takt und ohne Noten. Hans Schwob dirigiert am 12. Dezember 1956 in Lieme. Foto: H. Wiemann

Nach Takt und ohne Noten. Hans Schwob dirigiert am 12. Dezember 1956 in Lieme. Foto: H. Wiemann

Das erste Platzkonzert fand in Schlangen zu Pfingsten 1959 statt, wobei wir gleichzeitig holländischen Fußballgästen das ‚Muß i denn‘ zum Abschied spielten. Im Juli des gleichen Jahres bestritten wir unser erstes Schützenfest in der Nachbargemeinde Kohlstädt. Seit 1960 sind wir Mitgestalter des Lippspringer Schützenfestes. 1962 haben wir in Billerbeck unseren ersten Zapfenstreich geblasen. Im gleichen Jahr umrahmte der Musikzug die Kundgebung zum 17. Juni auf dem Marktplatz in Detmold, wobei der Redner, der damalige Vizekanzler Erich Mende, uns persönlich seine Anerkennung aussprach. Seit 1963 sind wir im August jeden Jahres als ‚Kurkapelle‘ in Schieder zu Gast. Die örtlichen Verpflichtungen, wie Heidefest und Schlänger Markt, erwähne ich nicht besonders …“

 

 

Die Männer des Musikzuges der Freiwilligen Feuerwehr Schlangen üben fleißig im Saal des Gasthofes Poppe-Sibille. Foto: G. Poppe, 1958

Die Männer des Musikzuges der Freiwilligen Feuerwehr Schlangen üben fleißig im Saal des Gasthofes Poppe-Sibille. Foto: G. Poppe, 1958

So weit Ausführungen von Hans Schwob, der 1919 in Hannover geboren wurde und in musikalischen Bereichen des Dorfes Schlangen eine tonangebende Rolle gespielt hat. Zu seinem Tode im Januar 1990 schrieb Günter Schmeling: „Mit ihm verlor die Gemeinde einen ihrer Bürger, die ihr kulturelles Leben in besonderem Maße prägten: als Musiklehrer, Musikzugführer, als Leiter des evangelischen Kirchenchores und als Organist … Wann immer im Seniorenkreis Schlangen ein Fest gefeiert wurde, stellte sich Hans Schwob zur Verfügung, musizierte und sang mit den Senioren und verschönerte für sie zahllose Stunden.“

(Publiziert am 28. April 2016)

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