Wie der Name Rügge nach Schlangen kam Reviewed by Dieter Brand on . Von Nicolas Rügge Unter den Schlänger Höfen, die im Dreißigjährigen Krieg ausstarben, war die Kötterstätte von Himmel Johann (Hemmelmann, vor dem Krieg aus Mein sfsdfsdfsdf Von Nicolas Rügge Unter den Schlänger Höfen, die im Dreißigjährigen Krieg ausstarben, war die Kötterstätte von Himmel Johann (Hemmelmann, vor dem Krieg aus Mein Rating: 0

Wie der Name Rügge nach Schlangen kam

Von Nicolas Rügge

Unter den Schlänger Höfen, die im Dreißigjährigen Krieg ausstarben, war die Kötterstätte von Himmel Johann (Hemmelmann, vor dem Krieg aus Meinberg zugezogen). „Mit der Frau tot, die Kinder aus Armut fortgegangen, das Haus durch die Krieger niedergebrannt, liegt ganz wüst“, vermerkt ein Steuerverzeichnis aus dem Jahr 1642. Lange Zeit fand sich niemand, der die Stätte zu neuem Leben erwecken wollte. Das Gebäude, schon 1620 als altes Haus bezeichnet, musste sicher ganz neu errichtet werden. Der bescheidene Landbesitz verhieß auch keine Reichtümer, drei Kühe hatte der letzte Besitzer gehalten.

Die Tütgenmühle – ein Gemälde von Hermann Winter aus dem Jahr 1950.

Erst 1654 ließ sich ein Käufer auf dieses Wagnis ein, veräußerte den Besitz aber schon 1658 wieder. Neuer Inhaber wurde der Müller Henrich Rügge, der vier Jahre zuvor die Mühle von Haus Oesterholz (Tütgenmühle) gepachtet hatte. Anscheinend konnte er einen Nebenerwerb gut gebrauchen, um nicht allein von der Wassermühle mit ihrem unsteten Ertrag abhängig zu sein. Außerdem festigte der Hofbesitz sein Ansehen in der Gemeinde. So kannte er es auch von seinen Vorfahren, die seit Generationen die Erbpachtmühle im nordlippischen Langenholzhausen innehatten (früher ein Wahrzeichen des Kalletals, 2015 weitgehend niedergebrannt) und daneben einen mittelgroßen Hof im Ort bewirtschafteten. Es sah so aus, als wollte sich auch Henrich Rügge mit seiner Familie dauerhaft niederlassen. Zumindest in die Mühle, die während der Kriegszeit heruntergekommen war, investierte er viel Zeit und Geld. Dass die Pacht wieder auf die reguläre Höhe stieg, ist ein Zeichen für die wirtschaftliche Erholung. Seit 1659 betrieb er zusätzlich eine neu erbaute Mahlmühle an der Lutter.

Doch vielleicht hatte die gräfliche Verwaltung den Preis etwas zu schnell erhöht. Offenbar fand der Müller anderswo bessere Konditionen: Schon 1663 ließ er die Pacht der Tütgenmühle auslaufen und wechselte statt dessen nach Schloß Neuhaus, in die Residenz der Paderborner Fürstbischöfe. Hier ließen er und seine Frau Margarethe Böke 1669 einen Sohn taufen. Mit dem Umzug und dem Eintritt in fürstbischöfliche Dienste war die Familie also von der reformierten zur katholischen Konfession übergetreten. Henrich Rügge starb schon vor 1673, seine Witwe blieb mit ihrem zweiten Mann in der Neuhäuser Mühle. Diesem Stiefvater folgte später Henrichs Sohn Simon als Mühlenpächter. Und genau wie sein Vater einst in Schlangen erwarb er am neuen Wirkungort ein erbmeierstättisches Köttergut. 1694 ließ „Simon Ruggen“ mit seiner Frau Anna Maria Picht ein stattliches Fachwerkhaus errichten (Schloßstraße 6, später Thombansen).

Der Standort des Hofes Rügge (71) eingezeichnet in die Deutsche Grundkarte.

Den Hof in Schlangen hatte Henrich Rügge nach seinem Fortzug behalten und das Land verpachtet. Doch die Gebäude verfielen schon bald, 1673 war das Wohnhaus „dachlos“ und fiel 1678 dem Dorfbrand zum Opfer. Zuletzt lagen auch die Felder wieder wüst wie nach dem großen Krieg. Erst 1692 trat den Hof der Küster Bernd Simon Biere an. Doch nicht sein Name, sondern der des Vorbesitzers wurde nun zum festen Hofnamen. Im alten Salbuch, dem Höfeverzeichnis von 1620, trug der Amtmann unter „Himmel Johann“ nach: „itzo Simon Bier, sonsten Rüggen Stette genand“. Daneben blieb bis in jüngste Zeit der Beiname Möllmann gebräuchlich, der ebenfalls auf den Müller zurückgehen dürfte. Bieres Tochter, die Hoferbin Christina, und ihr aus Evenhausen einheiratender Ehemann Bernd Lücking führten ganz überwiegend den Namen Rügge, ebenso ihre Nachfahren und Nachfolger. So erinnert dieser Familienname, der heute noch in Schlangen vorkommt, an eine längst vergangene Episode der Dorf- und Mühlengeschichte.
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Quellen- und Literaturhinweis

Landesarchiv NRW Abt. Ostwestfalen-Lippe: L 33 (Amt Horn, Ortsakten Schlangen), L 83 A (Justizkanzlei), L 83 D (Freilassungen), L 89 A (Gogericht), L 92 C (Rentkammer – herrschaftl. Mühlen).
Erzbischöfl. Diözesanarchiv Paderborn, Kirchenbuchstelle: Kirchenbücher Schloß Neuhaus (Mikrofilm).
Kirchenbücher Schlangen.

Roland Linde, Die älteren Höfe und Stätten in Schlangen, in: Heinz Wiemann (Hg.), Geschichte der Dörfer Schlangen, Kohlstädt, Oesterholz und Haustenbeck, Bd. 2, Bielefeld 2011, S. 554-595, hier 583.
Michael Pavlicic/Elisabeth von Kanne/Josef Leiwen, Hausinschriften an Fachwerkhäusern im Kirchspiel Neuhaus. Ein Beitrag zur Siedlungsgeschichte, Volks- und Familienkunde eines alten kirchlichen Verwaltungsbezirkes, Paderborn 1986.
Nicolas Rügge, Zur Herkunft der Familie Rügge in Schloß Neuhaus, in: Die Residenz, Heft 106 (Sept. 1998), S. 3-9.
ders., Aus der Geschichte der Tütgenmühle, in: Heinz Wiemann (Bearb.), Schlangen – Kohlstädt – Oesterholz – Haustenbeck. Beiträge zur Geschichte, Bd. 2, Schlangen 1999, S. 98-108.
ders., Die Mühlen an Strothe und Haustenbach, in: Heinz Wiemann (Hg.), Geschichte der Dörfer Schlangen, Kohlstädt, Oesterholz und Haustenbeck, Bd. 2, Bielefeld 2011, S. 804-827.
Wilhelm Süvern, Die Erbpachtmüller von Langenholzhausen, in: Lippischer Dorfkalender, Neue Folge, 8 (1956), S. 51-61.

(Publiziert am 14. März 2017)

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