1929: Einweihung eines Altersheimes im ehemaligen Jagdschloss Oesterholz
Am 15. Mai 1929 konnte das im ehemaligen Jagdschloss Oesterholz eingerichtete Altersheim seiner Bestimmung übergeben werden. Der unpassende Ausdruck Altersheim ist inzwischen verschwunden. Die jetzige Adresse lautet:
Kreisseniorenheim
Oesterholz-Haustenbeck.
Lippische Landes-Zeitung, 23. Januar 1929:
Die Arbeiten zum Altersheim in Oesterholz sind so weit gediehen, daß der Bau wahrscheinlich im Frühjahr seiner Bestimmung übergeben werden kann. Sehr begrüßt wurde es, daß die Forstverwaltung die Wege in der Umgebung des Altersheimes ausbessern läßt.
Die Lippische Landesverwaltung in der Nachkriegszeit, herausgegeben von Heinrich Drake, Detmold 1932:
Nach Verlegung der Oberförsterei Oesterholz nach Horn ist im Herbst 1928 vom Landespräsidium und Landtag beschlossen, das Gelände und die dazugehörigen Ländereien der früheren Oberförsterei (im ehemaligen Jagdschloß) dem Landesfürsorgeverbande zur Errichtung eines Altersheimes für Männer und Frauen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Die zur Einrichtung des Altersheimes notwendige Instandsetzung des Gebäudes und die Beschaffung des erforderlichen Mobiliars sind vom Lande übernommen, die sonstigen Einrichtungsgegenstände sind vom Landesfürsorgeverbande beschafft. Am 15. Mai 1929 konnte das Altersheim seiner Bestimmung übergeben werden.
Das am 15. Mai 1929 in einem Gebäude des ehemaligen Jagdschlosses Oesterholz eingeweihte Altersheim. Foto: Lippische Landesverwaltung, 1932
Das Bedürfnis nach Unterbringung alter und pflegebedürftiger Personen hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Das Altersheim Oesterholz wird von einem Hauselternpaar geleitet, Aufsicht und Geschäftsführung hat das Landeswohlfahrtsamt. Die Belegung des Heimes, die bei Eröffnung 10 Personen und am Schluß des Rechnungsjahres 1929 insgesamt 23 Personen betrug, hat sich am Schluß des Rechnungsjahres 1931 auf 32 Personen erhöht.
Das Heim hat sich aus Pflegegeldern erhalten, es hat keine Zuschüsse erfordert. Die Bewirtschaftung der bei der Übernahme noch zum Teil unterverpachteten Ländereien ist bis auf ca. 1 ½ Scheffelsaat, für die die Pacht noch weiterläuft, vom Altersheim übernommen. Die schöne Lage des Altersheimes macht es zu einem wirklichen Ruhe- und Erholungsaufenthalt für die Alten.
Lippische Landes-Zeitung, 16. Mai 1929:
Einweihung des Altersheimes in Oesterholz
Altersheim! Ein hartes Wort! Wer denkt da nicht unwillkürlich an dumpfe, sonnenarme Räume, an Menschen, deren Lebensschifflein an einer tückischen Brandung Schiffbruch erlitt, an Insassen, die allein und verlassen in der Welt freudlos ihren Lebensabend unter fremden Menschen verbringen, im hohen Greisenalter noch das bittere Brot der Barmherzigkeit essen müssen? Heimatlos … Auf diesem Gebiete hat der Landesfürsorgeverband Lippe unter tatkräftiger Unterstützung der Regierung etwas Vorbildliches geschaffen: Das neue Altersheim in Oesterholz. Fernab vom Verkehr, inmitten von grünen Wiesen und umgeben von jetzt im schönsten Blütenschmuck stehenden Obstbäumen träumt das frühere Jagdschloß aus alter Vergangenheit, still, weltfern, wie geschaffen als Ruheplatz für die Alten, die dort ihren Lebensabend beschließen wollen. Möge es den Zweck erreichen, für den es geschaffen ist: Die neue Heimat für die Veteranen der Arbeit!
Gestern Nachmittag fand vor einem kleinen Kreis geladener Gäste die Einweihung statt. Erschienen waren die Mitglieder des Landespräsidiums, einige Landtagsabgeordnete, die Spitzen verschiedener Behörden und Vertreter lippischer Städte und Gemeinden.
Nach Übergabe des Schlüssels an das Mitglied des Landespräsidiums Drake, der ihn dem Landesfürsorgeverband Lippe zu getreuen Händen übermittelte, ergriff dessen Vorsitzender, Herr Oberregierungsrat Dr. Corvey, das Wort zu einer Ansprache. Er dankte allen denen, die dem Werk ihre Unterstützung angedeihen ließen.
Eines der Wohn- und Schlafzimmer im Altersheim Oesterholz. Foto: Lippische Landesverwaltung, 1932
Nach kurzer Kaffeetafel wurde mit der Besichtigung des völlig durchgebauten und zweckmäßig errichteten Hauses begonnen. Machte schon das Äußere des Hauses einen freundlichen Eindruck, so war man über die Ausgestaltung des Inneren aufs Angenehmste überrascht. Helle, luftige und sonnige Räume sind geschaffen, in denen man sich sogleich heimisch und geborgen fühlt, die nie das Gefühl der Verlassenheit aufkommen lassen werden. Die früheren großen saalartigen Zimmer sind zu äußerst gastlichen Räumen ausgestaltet worden und stellen der Bauabteilung der Regierung, die sich in hohem Maße um die architektonische Lösung bemühte, das beste Zeugnis aus. Wohnliche Aufenthaltszimmer laden zum Verweilen ein, einfach und doch zweckmäßig, mit herrlichem Ausblick ins weite Land, auf die grünenden Südhänge des Teutoburger Waldes. Einen freundlichen Eindruck hinterlassen auch die 14 Schlafzimmer, die bisher mit 30 Betten belegt sind. Zwei mit warmem und kaltem Wasser ausgestattete Baderäume sind vorhanden, ebenfalls zwei Eßzimmer, Leseräume schon zum Teil mit Büchern, saubere Toiletten, bequeme und besonders für die Alten breit gebaute Treppen. Bilder aus Lippes Vergangenheit zieren die farbig abgetönten Wände der Wohn- und Schlafzimmer und werden den Alten Stoff zum Plaudern und Austauschen von Erinnerungen bieten. Liegestühle laden zum Ausruhen ein; kurz, alles, was geeignet ist, den Alten den Aufenthalt so gemütlich wie nur irgend möglich zu gestalten, ist vorhanden.
Zum Altersheim gehören auch 36 Scheffelsaat Land. Gemüsegärten und Obstbäume, bei deren Bestellung und Instandhaltung auch die Insassen, soweit sie arbeitsfähig sind, mithelfen werden, umgeben das Heim.
Es ist nur zu wünschen, daß diese Einrichtung, die als eine soziale Tat allerersten Ranges anzusprechen ist, die Benutzung erfährt, die ihr gebührt, zum Wohl und Segen unseres Lipperlandes.
H.W.
Rückkehr eines Heimbewohners durch die von der Fürstenallee zum ehemaligen Jagdschloss Oesterholz abzweigende Allee. Foto: H. Wiemann, 1959
(Publiziert am 29. August 2014)