Veränderungen in der Natur – Rückgang der Arten durch Gifte in der Landwirtschaft
Von Paul Gülle
In der Tierwelt gibt es immer wieder gute und schlechte Jahre – mal ist genug Nahrung verfügbar und mal ist Mangel angesagt. Die Tiere stellen sich jedoch darauf ein, das lässt sich gut bei den Eulen beobachten. Bei den Schleiereulen, die bevorzugt in landwirtschaftlichen Gebäuden und mancherorts auf Kirchendächern und Türmen brüten, wurde das Verhalten in verschiedenen Nahrungssituationen festgehalten. In Jahren, in denen es nur wenig Mäuse, ihre Hauptbeutetiere, gab, legten die Eulen nur einige oder gar keine Eier. Gibt es dagegen viele Mäuse, so wie ab Herbst 2014, legen die Eulen für ihre Spätbrut viele Eier – und nach dem milden Winter war auch 2015 ein gutes Jahr für Eulen und andere Mäusejäger.
Bei den Insektenfressern, also den meisten Singvögeln, gibt es seit einigen Jahren erhebliche Probleme. Die Vögel finden weniger Insekten, und eine erfolgreiche Jungenaufzucht ist nicht mehr möglich. Der starke Rückgang der Insekten ist für jeden Naturbeobachter sichtbar. Die Frontscheibe der Autos ist nach längerer Fahrt nicht mehr so stark durch tote Insekten undurchsichtig geworden wie noch vor einigen Jahren. Damals mussten bei jedem Tankstopp auch die Scheibe und die Scheinwerfergläser gereinigt werden. Man hat lange nach den Ursachen des Insektensterbens gesucht. Kürzlich fanden Forscher in Holland heraus, dass das Insektizid Imidacloprid, eines der gefährlichen Neonicotinoide, ursächlich schuld daran ist. Diese Nervengifte, die in der Landwirtschaft gegen Insekten auch vorsorglich eingesetzt werden, sollen eventuell auch für das Bienensterben verantwortlich sein. Die Mittel wirken nicht nur kurzzeitig wie bisher von den Herstellern behauptet, sondern über längere Zeit, weil sie im Boden eingelagert werden und dort nachhaltig alles Leben vernichten. Bei den Feldvögeln wurden die stärksten Verluste festgestellt. In einer Untersuchung, die seit 1980 läuft, wurde ermittelt, dass ihr Bestand um über 52 % zurückgegangen ist. Es ist für jedermann offensichtlich: In der Feldflur ist es erheblich ruhiger geworden – Vogelgesang wurde zur Rarität, der Anfang des Stummen Frühlings ist da.
Ein zusätzlicher Aderlass ist der Singvogelfang in Südeuropa und Afrika, wo heutzutage teils mit modernsten technischen Mitteln unsere Zugvögel arg dezimiert werden.
Die Ursachen für das Verschwinden vieler Tiere sind so komplex, dass nicht alles im Einzelnen hier aufgeführt werden kann. Fakt ist: Der Egoismus der Menschen ist für das Artensterben verantwortlich. Natur und Umweltschutz haben mittlerweile einen hohen Stellenwert, doch Schutz und Rücksichtnahme für Tiere und Pflanzen gelten bei vielen Mitbürgern nicht im eigenen Haus und Garten.
Gönnen wir zum Beispiel den Schwalben den Platz an unserem Haus für ihre Kinderstube. Für die wenigen Wochen der Jungenaufzucht. Die unvermeidlichen Kothäufchen unter dem Nest werden mit einem Pappkarton, der mit einem Stein beschwert wurde, aufgefangen und entsorgt. Ein sogenanntes Kotbrettchen im Abstand von 50 Zentimeter als dauerhafter Schutz ist ebenfalls geeignet. Und im Garten sollte man neben den Nistkästen für die Höhlenbrüter auch an die Busch- und Heckenbrüter denken und heimisches Gehölz anpflanzen. Die gesetzlich festgelegten Bestimmungen zum Schneiden und Roden von Hecken und Büschen sollten unbedingt befolgt werden. Viele kleine Schritte bewirken letztendlich doch etwas.
(Publiziert am 13. März 2016)