Die bemerkenswerte Karriere eines Kohlstädter Auswanderers – Wirtschaftliche Erfolge und politisches Engagement – Henry Schafer mit amerikanischem Präsidenten befreundet Reviewed by Klaus-Peter Semler on . Von Melanie Arrington Smith und Dieter Albert Vorbemerkungen:  Nachdem Dieter Albert in Hildesheim den am 23. März 2016 im Internet-Magazin „Schlänger Geschicht sfsdfsdfsdf Von Melanie Arrington Smith und Dieter Albert Vorbemerkungen:  Nachdem Dieter Albert in Hildesheim den am 23. März 2016 im Internet-Magazin „Schlänger Geschicht Rating: 0

Die bemerkenswerte Karriere eines Kohlstädter Auswanderers – Wirtschaftliche Erfolge und politisches Engagement – Henry Schafer mit amerikanischem Präsidenten befreundet

Von Melanie Arrington Smith und Dieter Albert

Vorbemerkungen:

 Nachdem Dieter Albert in Hildesheim den am 23. März 2016 im Internet-Magazin „Schlänger Geschichte“ veröffentlichten Bericht über die Opernsängerin Kathleen Kersting gelesen hatte, setzte er sich mit mir in Verbindung. 
Heinrich Friedrich Konrad Richterkersting, 1863 in Schlangen geboren, 1879 nach Amerika ausgewandert und hier Henry Kersting genannt, war der Vater der Sängerin und der Stiefvater des Kohlstädter Auswanderers Heinrich Schäfer, dessen Lebensweg Dieter Albert in Zusammenarbeit mit Melanie Arrington Smith (Fort Worth, Texas) erkundet hat. Wir haben Informationen ausgetauscht und weitere Recherchen vereinbart. Hier zunächst die Darstellung der außergewöhnlichen Karriere eines „Selfmade“-Mannes aus Kohlstädt.
………………………………………………………………………………………………….. H.W.

Schon sehr früh im 19. Jahrhundert verlassen viele Lipper ihre Heimat und beginnen in Übersee ein neues Leben. Der Grund ist die zunehmende Armut im Lande. Die Bevölkerung ist stark angestiegen, doch es fehlen ausreichende Erwerbsquellen. Die beginnende Industrialisierung in den Nachbarländern raubt den Lippern ihre Arbeitsmöglichkeiten im eigenen Land. Viele suchen deshalb Saisonarbeit außerhalb Lippes. Die „Frieslandgänger“, die zum Torfstechen nach Norddeutschland ziehen oder die Ziegler, die nur im Winter nach Lippe zurückkommen, sind eine zahlenmäßig sehr große Gruppe. Viele Menschen suchen ihr Heil jedoch in der Auswanderung. Über Bremen und Hamburg, teilweise auch über Rotterdam, geht die Reise in die weite Welt. Amerika erscheint für viele als das Land der Freiheit und der unbegrenzten Möglichkeiten. Aus fast jedem Dorf Lippes wandern im 19. Jahrhundert Menschen nach Übersee aus. Die amerikanische Karriere „vom Tellerwäscher zum Millionär“ gelingt allerdings nur den wenigsten Auswanderern. Einer davon ist der aus Kohlstädt stammende Heinrich Schäfer:

Im Jahr 1959 aus Alt-Kohlstädt übrig geblieben: Das 1829 errichtete Fachwerkhaus Nagel (abgebrochen 1961) und das 1818 von Heinrich Heissmann und Maria Richts gebaute Fachwerkgebäude Viehmeister Nr. 70 (abgebrochen 1959). Der Fachwerkbau Nr. 70 (rechts) war das Geburtshaus der Wilhelmine Schäfer, geborene Winter. Foto: H. Wiemann

Heinrich Schäfer aus Kohlstädt, geboren am 12. Februar 1869, ist gerade mal 10 Jahre alt, als seine Mutter beschließt, der Not zu entrinnen und ihrer Familie ein besseres Leben zu verschaffen. Im Jahre 1879 fasst Wilhelmine Schäfer, geborene Heissmann (Winter), den Entschluss, mit ihren vier Kindern, Heinrich, Luise, Friedrich und Hermann, die Hofstelle Nr.75 in Kohlstädt zu verlassen, um nach Amerika auszuwandern. Vier Jahre zuvor ist ihr Mann, Simon Heinrich Schäfer, gestorben.[1]

Wie so viele andere Lipper sucht sie für sich und ihre Kinder das Glück im Land der großen Hoffnungen jenseits des Atlantiks. Alles Hab und Gut wird verkauft, Geld wird geborgt und zusammengetragen, um die große Reise bezahlen zu können. Der Abschied aus der Heimat fällt nicht leicht, aber die Umstände zwingen zu einer weitreichenden Entscheidung. Berichte aus Amerika, vor allem in den Briefen von der Familie Wulfkuhle, die in Kohlstädt die Runde machen, geben Anlass zu großer Hoffnung.

Ein Antrag auf Ausreise aus Lippe wird gestellt. Im Amtsblatt für das Fürstenthum Lippe wird die Auswanderung nach Amerika am 11. Mai 1880 angekündigt. Und dann ist der Tag da. Mit wenig Gepäck reist die Familie aus Kohlstädt ab. Unter großen Strapazen und Entbehrungen, aber wohlbehalten, erreichen sie noch im Frühsommer 1880 Amerika. [2]

 

Die ersten Jahre in Lecompton City am Kansas River

Zuerst lebt die Familie in Kansas im mittleren Westen. Sie siedeln in Lecompton City an den Ufern des Kansas River in Douglas County, einem Ort mit knapp 1000 Einwohnern. Dieser Ort ist zu diesem Zeitpunkt noch die Hauptstadt von Kansas und hat in der amerikanischen Geschichte eine wesentliche Rolle gespielt. Hier wurde die Debatte über die Sklavenfrage ausgefochten, die letztlich zum großen amerikanischen Bürgerkrieg 1861 bis 1865 führte. Und hier wurde die Wyandotte-Verfassung angenommen, die bei der Aufnahme des Bundesstaates in die USA im Jahre 1861 die Basis des so genannten Free State Kansas, eines sklavereifreien Staates, bildete. Noch ist dieses Land nicht voll erschlossen und an vielen Orten treffen die Neusiedler auf die Ureinwohner Amerikas, die Indianer. Mit dem Bau der Eisenbahn kommen immer neue Siedler in den „Wilden Westen“. Die Verbindung von der Ostküste nach Kalifornien läuft direkt durch das Gebiet, in dem die Familie siedelt.

In dem Gebiet um Lecompton gibt es noch weitere Auswandererfamilien aus Lippe und anderen Teilen Deutschlands und so lebt sich die Familie Schäfer hier schnell ein. Die Kinder besuchen eine Schule am Ort und in der ersten Zeit findet Wilhelmina Schäfer Arbeit auf einer Farm in der Nähe von Lecompton. Auch die Kinder müssen mitarbeiten.

Wenige Wochen nach ihrer Ankunft in Amerika heiratet die Mutter am 14. Juli 1880 erneut. Es ist ein Mann aus ihrer Heimat. Sein Name ist Heinrich Richterkersting aus Schlangen, der sich in Amerika kurz und bündig Henry Kersting [3] nennt.

Der junge Heinrich Schäfer nennt sich nun ebenfalls Henry. Er ist zu diesem Zeitpunkt elf Jahre alt und lernt fleißig die neue Sprache. Seinen Nachnamen ändert er schließlich auch um in Schaefer. Er hilft auf anderen Farmen, um zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Zu Hause hat er aber so seine Schwierigkeiten mit dem neuen Vater. Dieser führt ein ziemlich hartes Regiment im Hause. Alle müssen sehr hart arbeiten, um die Familie über Wasser zu halten. Aber für die Mutter Wilhelmine ist es wichtig, dass wieder ein Mann bei der Familie ist.

Doch der junge Henry Schaefer sehnt nichts anderes herbei, als das Haus zu verlassen. Und die Gelegenheit dazu kommt schon recht bald.

Im Mai 1883 stirbt Henrys Mutter Wilhelmine Schäfer in Lecompton. Nun sind nur noch er und seine Geschwister von der Familie aus Kohlstädt übrig. Der Stiefvater dringt darauf, dass Henry auszieht und sich Arbeit sucht. Es ist auch das Jahr, in dem Henry konfirmiert wird. Er ist nun 15 Jahre alt und soll ab jetzt auf eigenen Beinen stehen.

Henry bekommt Arbeit bei einem entfernten Verwandten in Deer Creek, wo er zweieinhalb Jahre bleibt. Danach kommt er zurück nach Lecompton und arbeitet hier in der Nähe auf einer Ranch für einen gewissen Mr. Young.

 

Aneignung des Landes mit schrecklichen Folgen für die indianische Bevölkerung

Zu dieser Zeit setzt der sogenannte „Land Run“ ein. Immer mehr Siedler kommen nach Kansas. Das Land wird knapp und viele versuchen weiter in den Süden in das Gebiet um Oklahoma zu kommen, allerdings nicht auf legale Weise. Hier leben immer noch viele Indianer, die aus ihren angestammten Lebensräumen vertrieben wurden und dieses Gebiet als neues Land zugewiesen bekommen haben. Deshalb kommt es häufig zu Konflikten zwischen den Siedlern und den Indianern. Auch die US-Armee muss immer wieder eingreifen und die Siedler zurück über die Grenze treiben.

Schließlich wird der Druck so groß, dass die Regierung nachgibt und weiter Land in Oklahoma verteilt – mit schrecklichen Folgen für die indianische Bevölkerung, den Cherokee, Cheyenne, Muscogee und vielen anderen Stämmen.

Im April 1889 stehen zehntausende Siedler an der Grenze zu Oklahoma, um sich die besten Stücke zu sichern. Bevorzugt werden natürlich die geplanten Städteneugründungen an der im Bau befindlichen Bahnlinie, die Arkansas mit Texas verbinden soll. Und so gerät die Besiedlung zunächst völlig außer Kontrolle. Oft wird das Gesetz des Stärkeren benutzt, um in den Genuss von Land und Einfluss zu gelangen. Orte werden gegründet und wieder aufgegeben. Manche Städte entstehen innerhalb von einigen Tagen und beherbergen Tausende von Siedlern. In vielen Orten herrscht die Gesetzlosigkeit Jeder versucht einen Claim abzustecken, um ein Stück vom großen Kuchen abzubekommen.

Und Henry Schaefer ist mittendrin. 1889, im Alter von 20 Jahren, siedelt Henry Schaefer nach Oklahoma City über und sichert sich Arbeit in einem Mietstall im Ort. Im Frühjahr des nächsten Jahres zieht er westwärts nach El Reno im selben Bundesstaat, wo er ein Stück Land mit Grube erwirbt und nach Erzen und Edelmetallen sucht. In El Reno leben zu diesem Zeitpunkt erst 285 Einwohner. Die US-Armee unterhält allerdings ein größeres Fort in der Nähe des Ortes, das alte Fort Reno. Immer wieder kommt es zu Konflikten mit der indianischen Bevölkerung. Die Siedler gehen teilweise sehr rücksichtslos gegen die ansässigen Indianer vor, wenn es darum geht, sich Land anzueignen. Die „Chicago, Rock Island and Pazific Railroad Co.“, ist hier mit dem Bau einer Eisenbahnstrecke von Kansas nach Süden beschäftigt und zieht neue Siedler an. Die indianische Bevölkerung gerät immer mehr ins Abseits.

Im Jahre 1893 bearbeitet Henry Schaefer ein Grubenfeld auf dem Gebiet der „Chicago, Rock Island Co.“, etwa fünf Meilen südwestlich von El Reno. Er sucht hier nach Erzen und Edelmetallen und scheint bereits einigen Erfolg zu haben.

Da erreicht ihn die Nachricht, dass sein jüngerer Bruder Fred (Friedrich Wilhelm) am 1.9.1893 im Alter von 20 Jahren gestorben ist. Er bemüht sich nun wieder um mehr Kontakt zu seinen verbliebenen Geschwistern und überredet sie, in seine Nähe zu ziehen. Sein jüngster Bruder Hermann siedelt schließlich auch nach Oklahoma über.

 

Henry Schafer aus Kohlstädt, Geschäftsmann in El Reno. Foto: 1890, 45 Jahre

Henry Schafer aus Kohlstädt, Geschäftsmann in El Reno.
Foto: 1890er Jahre

 

Ein Saloon in El Reno, Oklahoma, 1908

Ein Saloon in El Reno, Oklahoma, 1908

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Geschäftliche Erfolge in El-Reno, Oklahoma

Nach nur 9 Monaten verkauft Henry Schaefer seinen „Claim“ recht erfolgreich und arbeitet danach in einem Saloon in El Reno. Er lernt schnell, wie man so ein Geschäft betreiben muss, um erfolgreich zu sein. Inzwischen hat er eine Menge Geld zusammengespart. [4] Mit diesem Geld steigt er im Dezember 1893 ins Geschäftsleben von El Reno ein, dessen Einwohnerzahl sprunghaft ansteigt. Er handelt hier zuerst mit alkoholischen Getränken, was ein erfolgversprechendes Geschäft ist, und er betreibt schließlich auch noch ein großes Einzelhandelsgeschäft in dem Ort. Dann eröffnet er seinen eigenen Saloon, „Schaefer’s Saloon“, der einmal einer der größten in El Reno sein wird.

Am 31. Januar 1896 heiratet Henry Schaefer die Tochter einer ebenfalls aus Deutschland eingewanderten Familie. Es ist Margareta Paulsen, geboren am 18. Juni 1876 in Ahrenhöft in der Nähe von Husum. Die Paulsens sind gleichzeitig auch Geschäftspartner für Henry Schaefer. Sie sind im Hotelgewerbe in El Reno und Oklahoma City aktiv. Bereits im selben Jahr kommt das erste Kind, Harry J. zur Welt.

1899 gelingt Henry Schaefer ein weiterer Coup. Er wird Generalvertreter der deutschstämmigen „Pabst Brewing Company“, einer der größten Brauereien Amerikas zu dieser Zeit. Damit kann er den gesamten Westen Oklahomas mit Bier beliefern. Und der geschäftliche Erfolg lässt wieder nicht auf sich warten. Er verdient sehr gut und unterhält beste Beziehungen zu den lokalen Größen in El Reno, aber auch in Oklahoma City. Er pflegt auch gute Beziehungen zu den einflussreichen Politikern der Region und nutzt diese, wenn es sein muss, auch nach Belieben.

Zu diesem Zeitpunkt besitzt er bereits mehrere größere Häuser in El Reno, u.a. das Gerichtsgebäude des Distrikts. Er steckt sein Geld in viele Unternehmungen, wie z.B. die „El Reno Compress Company“, und beginnt auch gleichzeitig, sich in den Führungspositionen verschiedener anderer Firmen und Verbände zu betätigen.

Korkenzieher: Henry Schaefer, El Reno, Oklahoma (1908)

Auch politisch ist er sehr interessiert und sympathisiert zunächst mit den Demokraten. Hier kann er seinen Einfluss geltend machen. Er befindet sich so bereits mit knapp dreißig Jahren auf einem ersten Höhepunkt seiner Karriere als außerordentlich vielseitiger Geschäftsmann. Am 6. August 1901 wird weiteres Land in El Reno vergeben und bereits besetztes Land offiziell notariell bestätigt. Wieder ist Henry Schaefer dabei und sichert sich fruchtbare Stücke Land. [5] Diese werden später für gutes Geld an neue Siedler verkauft. Das Land in Oklahoma ist sehr fruchtbar und wird später zu einem der größten Getreideanbaugebiete weltweit. Seine eigenen Unternehmungen in El Reno, wie der Saloon und die Warenhäuser, laufen weiterhin außerordentlich gut und gewinnbringend.

 

Im Jahre 1900 wird das zweite Kind, Burnice Marie, geboren. Zwei Jahre später jedoch erkrankt seine Frau Margareta schwer und stirbt. Sie wird am 26. Dezember 1902 in El Reno beerdigt. Henry Schaefer ist nun Witwer mit zwei kleinen Kindern.

An Bewerberinnen für die Frau an der Seite eines so erfolgreichen Geschäftsmannes scheint es keinen Mangel zu geben, aber Henry sucht lieber im familiären Umfeld nach einer geeigneten Ehefrau. Er entscheidet sich für die jüngere Schwester seiner verstorbenen Frau. Am 10. August 1904 heiratet er Tillie Paulsen in El Reno. Aus dieser Ehe stammen die Kinder Garfield, Kermit Paul und Henry William.

 

Bau von Großmühlen, Hotels, Eisenbahnlinien

Im Jahre 1905 beginnt die zweite große Karriere des Henry Schafer, wie er sich inzwischen auch nennt. Er beteiligt sich an der „Canadian Mill and Elevator Company“, einer großen Mühlengesellschaft, an der auch sein jüngerer Bruder Herman beteiligt ist. In den folgenden Jahren erzielen die Brüder gemeinsam mit den anderen Teilhabern einen großen wirtschaftlichen Erfolg im Mühlengeschäft. Eine zweite Gesellschaft, die „Maney Milling Company“, wird schließlich in Omaha gegründet und beginnt mit dem Bau von Großmühlen. Nach anfänglichen Rückschlägen – eine Mühle brennt nach nur sechs Monaten nieder – kommt schließlich der ersehnte große wirtschaftliche Erfolg.

Zeit der Kutschen und Automobile.

Zeit der Kutschen und Automobile.

 

Henry Schafer zieht mit seiner Familie vorläufig nach Omaha und übernimmt den Posten des leitenden Direktors der Gesellschaft. Zusätzlich wird das Geschäft durch den 1. Weltkrieg angefacht. Der große Bedarf an Mehl führt dazu, dass die Produktion ständig erweitert wird und die Kapazitäten durch den Eintritt Amerikas in den Krieg nochmals erhöht werden. Auch nach dem Krieg ist der Bedarf weiterhin ständig auf hohem Niveau.

Die vielfältigen wirtschaftlichen Aktivitäten von Henry Schafer liegen auch noch in anderen Bereichen. So ist er seit 1908 gemeinsam mit der Familie Paulsen (seinen Schwiegereltern) im Bau von Hotels engagiert. Außerdem setzt er sich für den Bau von Eisenbahnlinien im Gebiet von El Reno und Oklahoma City ein und finanziert auch einen Teil davon. Schließlich übernimmt er noch den Posten des Vorsitzenden der Direktoren der Citizens National Bank. Inzwischen ist er mit der Familie nach Oklahoma City gezogen, besitzt hier ein prächtiges Anwesen und ist einer der einflussreichsten Männer Oklahomas. [6]

 

Eigenes Land und eine große Farm mit riesigen Viehherden – Vermögen durch Ölförderung

Eine dritte Karriere beginnt für Henry Schafer eher zufällig. Noch während des 1. Weltkriegs hat er in der Nähe von White Deer im Norden von Texas große Flächen Weide- und Ackerland aufgekauft und damit seinen Traum von einer eigenen großen Farm verwirklichen können. Bis zu Beginn der zwanziger Jahre wird hier Vieh- und Weizenproduktion in großem Stil betrieben. Der Junge aus Kohlstädt in Lippe scheint hier endlich am Ziel seiner wirtschaftlichen Unternehmungen zu sein: Eigenes Land und eine große Farm mit riesigen Viehherden.

Doch eines Tages werden auf seinem Land in der Nähe von Skellytown bei Pampa (Texas) große Öl- und Gasvorkommen entdeckt und Henry Schafer verpachtet sein Land im Jahre 1927 an die „Skelly Oil Corporation“, die im Laufe der Jahre mehr als 200 Bohrungen einbringt und Henry Schafer ein Vermögen beschert, das zur Gründung einer eigenen „Henry Schafer Oil Company“ mit Sitz in Oklahoma City führt. Diese Ölgesellschaft, die zunächst nur regional wirtschaftet, entwickelt sich in den folgenden Jahren recht gut und expandiert schließlich über das Gebiet von Pampa in Texas hinaus. Später gelingt es Henry Schafer, diese Firma mit riesigem Gewinn an einen größeren Konzern zu verkaufen.

 

Freundschaft mit dem amerikanischen Präsidenten Herbert Hoover

Dieser wirtschaftliche Erfolg bleibt natürlich nicht ohne Folgen für ein politisches Engagement. Henry Schafer ist inzwischen Mitglied der Republikanischen Partei geworden und tritt bei Parteitagen als Delegierter des „Texas Panhandle“ auf. Er gilt in dieser Zeit außerdem als sehr guter Freund des amerikanischen Präsidenten Herbert Hoover, der ebenfalls deutschsprachige Vorfahren hat. Mit ihm hat er viele persönliche Zusammentreffen. Auch nach der Amtszeit des Präsidenten (1929 -1933) bleiben die beiden gute Freunde.

 

Henry Schafer, 1869 in Kohlstädt geboren, 1951 in Oklahoma City gestorben.

Henry Schafer, 1869 in Kohlstädt geboren, 1951 in Oklahoma City gestorben.

Nach dem 2. Weltkrieg kann er seine erfolgreiche Geschäftspolitik weiter fortsetzen. Das Engagement von Henry Schafer weitet sich nun allerdings auch auf das Gemeinwohl seiner Gemeinde und anderer Orte in der näheren Umgebung aus. Er investiert kräftig in die Infrastruktur, in den Bau von Straßen und sozialen Einrichtungen. Außerdem spendet er großzügig für kirchliche und andere wohltätige Zwecke. Überregional unterstützt er den „Boys Club of America“. Damit macht er sich in Texas einen Namen.

Die Karriere des Henry Schafer, der als Heinrich Schäfer aus Kohlstädt nach Amerika auswanderte, könnte Pate für das Sprichwort „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ gestanden haben. An das kleine Kohlstädt in Lippe hat er sicher noch oft gedacht, doch besucht hat er seinen Geburtsort nie wieder. Am 17. Dezember 1951 stirbt Henry Schafer in Oklahoma City. Beerdigt ist er in El Reno.

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Anmerkungen:

[1] Henry Schafer wurde als Adolf Heinrich Wilhelm Schäfer am 12. Februar 1869 in Kohlstädt geboren. Er war das älteste von insgesamt vier Kindern. Die Eltern waren Simon Henrich Hermann Schäfer, geboren am 17. März 1841 in Kohlstädt Nr.75, und Anne Marie Dorothee Wilhelmine Winter (auch genannt Heissmann), geboren am 22. Oktober 1844 in Kohlstädt Nr.70. (Vgl. auch Eheprotokoll vom 17. Juni 1868 Amt Horn, Trauung am 12. Juli 1868 in Schlangen).

Simon Henrich Schäfer starb am 2. August 1875 in Kohlstädt. Er war der Sohn des Conrad Adam Henrich Schäfer aus Veldrom Nr.16 und der Anne Margaretha Sophia Ilsabein Ploeger (Witwe Kuhlemeyer) aus der Kohlstädter Heide 30. Die Schäfers waren einige Generationen zuvor in Veldrom ansässig, Plögers sind in Oesterholz/Kohlstädter Heide nachgewiesen.

Wilhelmine Schäfer war die Tochter des Johann Simon Heinrich Winter, geboren am 08.11.1807 in Leopoldstal Nr. 49 als Sohn des Johann Heinrich Adolph Winter. Er hatte nach dem Erwerb der Hofstätte Heissmann, Kohlstädt Nr.70, den Namen der Stätte übernommen. Seine Frau war Amalie Dorothee Sophie Meinert, geboren am 21.02.1810 in Kohlstädt Nr. 54, Tochter des Schneiders Johann Friedrich Conrad Meinert und der Anne Sabine Sophie Friederike Henriette Feldmann.

[2]   Bisher konnte noch nicht ermittelt werden, auf welchem Wege und mit welchem Schiff die Familie Schäfer nach Amerika ausgewandert ist. Die weiteren Aufzeichnungen beziehen sich hauptsächlich auf diese Quellen:

– Portrait And Biographical Record Of Oklahoma, Chapmann Publishing Co., Chicago 1901, p. 485
– Institute For Research In Biography Inc., New York 1937 , Schafer
– Korrespondenz mit Melanie A. Smith, Enkelin von Henry Schafer, Fort Worth Texas, USA
– Interview mit Thomas Jensen, El Reno, v. 25.3.1938 in El Reno, Anna A. Barry

[3] Douglas County Marriages 1880, book 5, p. 77:
“Kersting, Henry and Schaefer, Wilhelmina, 14. Juli 1880, Officiant James M. Hendry PJ“
Heinrich Richterkersting war bereits 1879 nach Amerika ausgewandert. Sein Vater, Friedrich Heinrich Richterkersting, war im Jahre 1880 mit vier Kindern gefolgt. Er befand sich auf dem Auswandererschiff Neckar. In Lecompton hatte sich u.a. auch die Familie Helle aus Haustenbeck und Lina Wulfskuhle aus Kohlstädt angesiedelt. Sie waren auch 1879 ausgewandert.

[4] Vgl. Interview Jensen, S. 6

[5] Vgl. Interview Jensen, S. 5

[6] Vgl. Interview Jensen, S. 5

(Publiziert am 09. Juli 2016)

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